CLS-Management: Make or buy?

CLS-Management: Make or buy?

Das intelligente Messwesen startet die zweite Stufe: Nachdem die Zahl der ausgerollten intelligenten Messsysteme im letzten Jahr deutlich zugenommen hat, planen viele Unternehmen jetzt, immer komplexere Messkonstrukte auszurollen. Im Fokus dabei steht die CLS-(Controllable-Local-System)Schnittstelle des Smart-Meter-Gateways. Wo hier die Herausforderungen liegen und wie das CLS-Management aufgesetzt werden sollte, hat BWK von Gert Schneider, Senior Manager Projekte bei der GWAdriga GmbH & Co. KG erfahren.

Dieses Interview erschien exklusiv in der BWK Ausgabe 9-10/2022 – den vollständigen Artikel können Sie hier als PDF herunterladen

Herr Schneider, wie sollen Unternehmen, die sich das erste Mal mit dem CLS-Management befassen, am besten vorgehen?

Es müssen zunächst nicht nur die erfolgversprechenden Anwendungsfälle identifiziert werden. Auch technologisch und organisatorisch sind die richtigen Weichenstellungen vorzunehmen. Anders als beim klassischen intelligenten Messsystem ist der Grad an Normierung beim Thema CLS geringer. Die Roadmap des BMWI im intelligenten Messwesen benennt zwar die Anwendungsfälle und legt sie auf eine Zeitskala, diese ist jedoch nicht bindend. Auch werden wenige Vorgaben gemacht, wie jeder einzelne Anwendungsfall umzusetzen ist. Als roter Faden zieht sich die Sicherheitsarchitektur durch das Regelwerk, welches etwa festlegt, dass die Nutzung der CLS-Schnittstelle des Smart-Meter-Gateways dem aktiven externen Marktteilnehmer (aEMT) vorbehalten ist. Marktakteure wie Messstellenbetreiber, Verteilnetzbetreiber oder Energiedienstleister müssen sich also damit befassen, diese Funktionsrolle auszuprägen. Dies ist unabhängig davon, ob sie steuernd – wie im Fall des §14a EnWG – auf Anlagen im Netz einwirken wollen oder ob sie Messwerte anderer Sparten über einen Datenkonzentrator sammeln wollen.

Welche Anforderungen werden an die Rolle des aEMT gestellt?

Beim Smart-Meter-Gateway-Administrator waren in erster Linie Erwägungen der hohen Sicherheitsanforderungen an diese Rolle entscheidend. Diese Anforderungen sind beim aEMT deutlich geringer, werden also nicht zum wesentlichen Showstopper auf dem Weg, die Rolle auszufüllen. Entscheidend – wie seinerzeit bei der Entscheidung Make-or-Buy beim Smart-Meter-Gateway-Administrator – sind vielmehr die Geschäftsprozesse sowie die personelle Aufstellung des Unternehmens.

Wie sehen die Prozesse auf Seiten der IT aus?

Der Funktionskern, die Administration der Kommunikationskanäle, befindet sich zwischen dem aEMT-System und dem CLS-Gerät. Diese gilt es bedarfsgerecht aufzubauen, zu monitoren und zu nutzen, um Daten und Datenpakete ins Feld zu transportieren. In der IT-Architektur bedient sich der aEMT dafür eines Systems, bei dem diese CLS-Kanäle terminieren. Die eigentlichen fachlichen Geschäftsprozesse des aEMT, wie etwa die Steuerung einer EEG-Anlage, werden nicht in diesem System initiiert, sondern in einem vorgelagerten Netzleitsystem oder einem Virtuellen Kraftwerk. Das System des aEMT nimmt lediglich den Steuerbefehl entgegen, initiiert den Kanalaufbau zu den entsprechenden CLS-Geräten und verteilt dann die Steuerbefehle.

Welche Rolle spielt dabei der Gateway-Administrator?

Gerade beim Kanalaufbau und -handling ist der aEMT auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Smart-Meter-Gateway-Administrator angewiesen. Dieser spielt initial die Profile auf den Smart-Meter-Gateways ein, die eine Verbindung zwischen aEMT-System und CLS-Gerät ermöglichen. Ist ein Kanal nicht verfügbar oder baut sich nicht auf, wird in aller Regel der Smart-Meter-Gateway-Administrator zu Rate gezogen werden müssen, der zum Beispiel überprüft, ob das Smart-Meter-Gateway aktuell erreichbar ist. Daraus ergeben sich verschiedene Implikationen: Anders als beim passiven EMT, der kaum Kenntnisse der Prozesse des Smart-Meter-Gateway-Administrators braucht, muss der aEMT ein tiefes Verständnis der Prozesse des Smart-Meter-Gateway-Administrators haben, um seine Mittlerrolle effizient wahrnehmen zu können. Er muss einschätzen können, welches CLS-Gerät über welches HAN-Kommunikation-Szenario erreicht werden kann. Bleiben wir hier bei dem Beispiel eines Verteilnetzbetreibers, der Schalthandlungen durchführen will: Bei ihm gehört dieses Wissen bislang nicht zum Kern-Know-how. Auch ist fraglich, ob er personell und technologisch hinreichend aufgestellt ist, dies für eine Vielzahl von Kleinstanlagen zu leisten, denn jede Anlage wird über einen eigenen Kanal adressiert.

Ist damit die Auslagerung des Prozesses an einen externen Dienstleister die bessere Option?

Das kommt tatsächlich auf das Mengengerüst an. Ein bundesweit agierender Energiedienstleister muss im Zweifel in der Lage sein, mit jedem Smart-Meter-Gateway-Administrator umgehen zu können. Das bedeutet eben auch eine Integration mit dessen System. Wirtschaftlich ist das kaum zu stemmen. Ein aEMT-Dienstleister hingegen, der dies nicht nur für einen Marktakteur tut, kann hier deutlich wirtschaftlicher agieren. In Summe gibt es aber gute Gründe, das CLS-Management des aEMT an einen Dienstleister zu übertragen und selbst lediglich die inhaltliche Rolle des aEMT auszuprägen. Denn die aufwendige Zertifizierungspflicht liegt damit beim Dienstleiter, der dieses Zertifikat in das ISMS des Auftraggebers einbringt. Stellvertretend für den beauftragenden aEMT übernimmt er die Kommunikation mit den Smart-Meter-Gateway-Administratoren, so dass die entsprechende Schnittstellenkomplexität reduziert wird.

Das Thema ist ja neu, konnten Sie hier schon praktische Erfahrungen sammeln?

Wir haben das in den letzten Jahren mit ersten Kunden erprobt. Dabei hat sich gezeigt, dass die Smart-Meter-Gateway-Management in die Prozesse des CLS Management ausstrahlt. Die aEMT-Kunden profitierten davon doppelt: eine effiziente CLS-Betriebsdienstleistung erlaubt es ihnen, sich auf ihre spezifischen Herausforderungen in der Organisation und Orchestrierung der Fachprozesse zu konzentrieren. War der erste umgesetzte Anwendungsfall damals die Steuerung von Anlagen über eine Steuerbox, hat GWAdriga zwischenzeitlich die Tragfähigkeit des Konzeptes auch in anderen Anwendungsfällen unter Beweis gestellt, beispielsweise in ersten Projekten bei der RheinEnergie oder der Westfalen Weser Netz.

Weitere Informationen

GWAdriga GmbH & Co. KG
Christian Unger
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